Flusslandschaft 1980

Stadtviertel

Zwischen Rosenheimer-, Stein- und Kellerstraße soll die „Löwenbräu-City“ mit Kaufhaus, Büros, Hotel und Eigentumswohnungen entstehen; Anwohner sind empört.1 Am 24. Juli versammeln
sich achthundert Haidhauserinnen und Haidhauser um 19.30 Uhr zur ersten außerplanmäßigen Bürgerversammlung zum Thema „Sanierung in Haidhausen“ im Hofbräukeller. Die Erregung ist groß; wütende Mieter machen ihrer Empörung Luft. – Die Haidhauser Bürgeraktion „Rettet den Johannisplatz“ opponiert dagegen, dass unter dem Johannisplatz eine Tiefgarage gebaut wird. Am 24. Oktober hat sie in kurzer Zeit vierhundert Unterschriften gesammelt.2 Beim „Bunten Abend“ zum 5jährigen Bestehen der Haidhauser Nachrichten treten Elenor Lau, Gerhard Polt, Jörg Hube und andere auf.3

Hermann Wilhelm zeigt im Haidhausen-Museum in der Kirchenstraße die Ausstellung „National-
sozialismus im Münchner Osten 1919 – 1945“. Eines Tages ist Volker Donath für die Aufsicht verantwortlich. Da öffnet sich die Türe und ein Dutzend in Haidhausen wohl bekannter, junger Neonazis tritt ein. Sie sind uniformähnlich schwarz gekleidet und sehen martialisch aus. Volker
ist ziemlich mulmig. Die Neonazis gehen durch die Ausstellung, schauen sich interessiert um, sprechen leise miteinander, um dann nach längerer Zeit das Museum wieder zu verlassen, nicht ohne sich beim Ausgang mit Namen und Adresse in die aufliegende Unterschriftenliste eingetragen zu haben, in der die Bürgerinitiative gegen den Tiefgaragenbau am Johannis-Platz protestiert.

Am 12. August entsteht die Bürgerinitiative „Neuhauser Linde“. Sie will die Aldringen- und die Johann-von-Werth-Straße in verkehrsberuhigte Wohnstraßen umwidmen lassen und befürchtet, dass die Fertigstellung der U-Bahnstation Rotkreuzplatz/Volkartstraße eine sogenannte Aufwer-
tung des Viertels mit den üblichen Begleiterscheinungen der Luxusmodernisierung und der damit einhergehenden Mietervertreibung zur Folge hat. Am 30. September findet im Volkarthof eine Protestversammlung unter dem Motto „Rettet Neuhausen“ statt.4

Die Bürgerinitiative „Sendlinger Berg“ hat zwar verhindert, dass die etwa 4 ha der Stemmerwiesen nicht der B 12 zum Opfer fallen, jetzt aber sollen dort Wohnungen gebaut werden.5


1 Vgl. Haidhauser Nachrichten. Monatszeitung für den Münchner Osten 2a vom Februar 1980, 1 ff.

2 Siehe „Das hält der stärkste Baum nicht aus“.

3 Siehe „Ein brennendes Problem“ von Jörg Hube.

4 Siehe „Krebs in Neuhausen“ von Michael Kortländer.

5 Siehe „Was treiben die Planer am Sendlinger Berg“ von Gabriele Duschl.