Flusslandschaft 2005

Sicherheitskonferenz

Bei der sogenannten Sicherheitskonferenz (Siko) 2004 waren siebzehn Top-Manager und Vor-
stände der weltweit größten Rüstungskonzerne vertreten. Horst Teltschik selbst ist Deutschland-
präsident von Boeing, dem größten Luft- und Raumfahrtkonzern der Welt und Rüstungsschmiede Nr. 1 in den USA. Die anderen vertretenen Rüstungskonzerne waren: EADS, Krauss-Maffei-Weg-
mann
(D, Panzer), Tales International (F, Rüstungselektronik), The Cohen Group (USA), EADS North America, Diehl (D, Kleinwaffen), Northop Grumman (USA, Flugzeuge), Rheinmetall Detec AG (D, Panzer, Geschütze), DRS Electro-Optical Systems Group (USA, Rüstungselektronik), Lockheed Martin (USA, Flugz.), The Mercury Group (USA), General Dynamics (USA, Panzer), The Scowcroft Group (USA). Es gilt also auch bei der Siko 2005 zu protestieren.1 In den Wochen vor dem großen Ereignis hängen Transparente von Brücken herunter. Tausende Hauswurfsen-
dungen werden in Briefkästen geworfen, die „ein Parkverbot für die Zeit der SiKo“ aussprechen und kaum zu unterscheiden sind von einer wirklichen Hauswurfsendung der Polizei. „München leuchtet – im Grün der Uniformen“ betitelt die Süddeutsche Zeitung am 13. Januar ihren Vorbe-
richt. 4.000 bis 4.800 Polizeibeamte aus ganz Deutschland sind im Einsatz.

Oberbürgermeister Christian Ude will den Saal des Alten Rathauses nur dann für die Internatio-
nale Friedenskonferenz zur Verfügung stellen, wenn beim Aufruf die DKP als Mitveranstalter ge-
strichen wird.2

Das „Münchner Radioballet“ vom Mittwoch, 9. Februar, dient als Auftaktaktion zu den Protesten gegen die Siko. In der Fußgängerzone finden sich gut 300 Radioballerinas ein. Der Tanz wird durch eine Sendung bei Radio LORA koordiniert und von den Aktiven über Kopfhörer ab 17.10 Uhr empfangen. Auf diese Weise ist es möglich, dass die Menschen etwa eine halbe Stunde lang ihre Aktionen synchronisieren können.3

Donnerstag, 10. Februar, Tröpferlbad in der Thalkirchnerstraße 104/II, ab 17 Uhr: Transparente und vieles mehr „Basteln gegen die NATO-Sicherheitskonferenz“ und für die Samstag-Demo, deren Motto „Ihre Sicherheit bedeutet Krieg! Ihr Frieden heißt Ausbeutung“ lautet

Hunderte Bälle werden am Freitagmorgen auf die Strasse geworfen und unterbrechen eine Haupt-
verkehrsader kurzzeitig, später abends werden nochmals Bälle und Gegenstände auf die Fahrbahn geworfen, um die Zufahrten der Tagungsgäste zu stören. Die erste Demo führt am 11. Februar vom Lenbachplatz zur „Finanzierungskonferenz Nordafrika/Mittelost“ im Dorint Sofitel Hotel beim Hauptbahnhof.4

Die Veranstalter der Siko betonen unermüdlich, sie diene in erster Linie dem „Frieden durch Dia-
log“. UN-Generalsekretär Kofi Anan soll eine so genannte Friedensplakette angeheftet werden. Nicht nur deshalb gibt es bei den „Linken“ kontroverse Einschätzungen.5 Zudem flankiert die Siko eine Konferenz der deutschen Wirtschaft und der Banken. Hier steht u.a. das Projekt einer Imple-
mentierung von Freihandelszonen bei den Mittelmeeranrainerstaaten auf der Agenda. Die EU be-
nötigt Brückenköpfe nach Nordafrika. Die europäische Überproduktion von Waren, vor allem sol-
cher, die hier kaum Interesse finden wie zum Beispiel Hühnerköpfe, schreit nach neuen Absatz-
märkten, und in nordafrikanischen Staaten könnten „Aufnahmezentren für Asylbewerber“ einge-
richtet werden, um die „unkontrollierte Migration“ einzudämmen. Teilnehmer dieser Konferenz treffen sich mit Teilnehmern der Siko im „Rahmen für vertrauensvolle Gespräche“.6

Die große Demo am 12. Februar zählt beinahe 6.000 Teilnehmer.7 Die Auszeichnung Kofi Annans mit einer Friedensplakette auf der Konferenz seitens der Veranstalter, so Claus Schreer, Sprecher des Aktionsbündnisses, sei in etwa das gleiche, als wenn sich die internationale Drogenmafia dazu entschließt, eine Medaille „Keine Macht den Drogen“ zu verleihen. Von der Bundesregierung ver-
langt Schreer „wirkliche Kriegsgegnerschaft“, nämlich: „Abzug aller im Ausland eingesetzten Bun-
deswehrtruppen; die Verweigerung jeglicher Kriegsunterstützung, jeder Art Hilfsleistungen für die illegale Besatzungsherrschaft im Irak und den von den USA geplanten Krieg gegen den Iran. Ver-
weigerung von Überflugrechten und Verweigerung von Truppen- und Waffentransporten über das Territorium der Bundesrepublik.“8 Am Ende heißt es: 18 Demonstranten wurden verletzt, 53 vor-
läufig festgenommen und vier „zur Verhütung weiterer Straftaten“ in Gewahrsam genommen.9 Bei der Chill Out Party nach der Demo gibt es im EineWeltHaus ab 17 Uhr warmes Essen aus der Volx-Küche, Musik und Information mit Gästen aus Israel, Palästina und dem Libanon vom Movement Solidarity International (ISM).

In der Siko selbst artikulieren sich deutsche Großmachtsambitionen.10

(zuletzt geändert am 17.9.2024)


1 Siehe den Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz am 11. und 12. Februar 2005 in München „Für Frieden und soziale Gerechtigkeit weltweit – Nein zu Krieg und Militarisierung“ vom Aktionsbündnis gegen die NATO-
Sicherheitskonferenz in www.imi-online.de/2005/02/01/aufrufzuprotesten/.

2 Siehe „OB Ude erpresst die Friedensbewegung“ in: www.imi-online.de/2005/01/29/obudeerpresstdie/ und Dietrich Kittners „Skandal im Friedenslager“ in: https://www.sopos.org/aufsaetze/429a1cae4f10e/1.phtml.html.

3 Siehe „Repressionen gegen das Radioballett“.

4 Siehe „Rede bei der Demonstration am 11. Februar 2005“ von Tobias Pflüger und das Interview von Connie Uschtrin mit Tobias Pflüger „Im Tarnanzug der Friedfertigkeit“ in www.imi-online.de/2005/02/13/im-tarnanzug-der-fri/.

5 Siehe https://jungle.world/artikel/2005/06/keine-ruhe-im-frieden.

6 https://jungle.world/artikel/2005/06/begluecken-sie-afrika

7 Siehe Bilder von der „antisiko-demo“ von Günther Gerstenberg.

8 Siehe „Die Münchner Sicherheitskonferenz – eine hochkarätige Kriegs-Tagung“ von Claus Schreer. 12 Fotos: Demo gegen die Siko am 12. Februar 2005, Standort: www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage/index.html.

9 Siehe Christoph Marischka, Mehr als erwartet. Die Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, www.imi-online.de/2005/02/14/mehralserwartet/.

10 Siehe Jürgen Wagner, Ohne Krieg kein Profit. Bewertung der Beiträge zur 41. Münchner Sicherheitskonferenz, www.imi-online.de/2005/02/14/ohne-krieg-kein-prof/.