Flusslandschaft 2014
Frieden/Abrüstung
Am Samstag, 19. April, beginnt um 11 Uhr der Ostermarsch mit einer Kundgebung am Platz der Opfer des Nationalsozialismus, ab 11.30 Uhr ziehen die Demonstrantinnen und Demonstranten zum Sendlingertor-Platz. Das Motto lautet „Für ein soziales Europa – keine EU-Militärmacht, keine Bundeswehr-Einsätze“. Christoph nimmt teil: „Zunächst sah es nach einer recht verschla-
fenen Demonstration aus, dann versammelten sich doch ca. 1.000 Menschen. Es wurden auch ganz brav die Auflagen der Polizei bekanntgegeben und eingehalten. Erwin Jedamus brachte zwei ‘wie-
der ganz aktuelle’ Lieder zum besten: ‘Soldatenlied’ und ‘Unser Marsch ist eine gute Sache’. Julia Killet sprach aktuell zum Thema NSU-Prozeß. Eine Gruppe Senegalesen trommelte ein wenig Wär-
me in den tristen und kalten Tag. Nach einer Stunde ging der dann doch ganz beachtliche Zug durch die Innenstadt.“1
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Das Frühlingsfest auf der Wiesn findet vom 25. April bis zum 11. Mai statt.
Die Technisierung des Krieges schreitet in atemberaubender Geschwindigkeit voran. Ganz
in unserer Nähe, in Penzberg, hat die Firma EMT Ingenieurgesellschaft die LUNA-Drohnen entwickelt und gefertigt, die zuhauf in Afghanistan im Einsatz waren und sind. Die Friedensbe-
wegung ist gegen die Etablierung einer Drohnentechnologie zur Kriegsführung, Überwachung
und Unterdrückung und plant für den 4. Oktober, dem erstmaligen internationalen „Global Day
of Action“ bundesweite Demonstrationen.3
Die Bundeswehr und die Rüstungsindustrie gehen in die Offensive. An über fünfzig deutschen Hochschulen läßt die Bundeswehr „forschen und entwickeln“. Vor sechs Jahren hat das Luftfahrt-
unternehmen Eurocopter an der Technischen Universität München (TUM) einen Lehrstuhl ge-
stiftet. „… Überhaupt sei Bayern so etwas wie ,das Eldorado der Rüstungsindustrie’, sagt Renate Bayer, Verwaltungsangestellte an der TUM. lm Freistaat würden durch das Geschäft mit dem Tod jährlich 6,5 Milliarden Euro umgesetzt und nirgendwo sei der Einfluss der Militärs auf Hochschu-
len und staatliche Forschungsinstitute größer. Doch Bayer nimmt das nicht tatenlos hin. Als Per-
sonalrätin und Betriebsgruppensprecherin von ver.di an der TUM hat sie die Arbeitsgruppe ,Fried-
liche Schule und Hochschule’ in München mit aufgebaut. Sie tritt seit Jahren gegen die schleichen-
de Vereinnahmung öffentlicher Bildungseinrichtungen fur militärische Belange in Aktion, auch im Autrag der ver.di-Bundesarbeitsgruppe Hochschule. Auslöser ihres Engagements sei ihr Missfallen über die ,Indienstnahme der Schulen zur Nachwuchsrekrutierung durch die Bundeswehr’ gewesen, sagt die Mutter eines 16-jährigen Sohnes. Mittlerweile hat die Truppe mit acht Bundesländern Ko-
operationsvereinbarungen getroffen, die Jugendoffizieren freies Geleit in die Klassenzimmer er-
lauben, um dort Werbung für die Sache der Bundeswehr und die sicherheitspolitische Doktrin der Bundesrepublik zu machen. In dieses Bild passt für die Gewerkschafterin auch die Summer School in Strausberg. ,Dieses Seminar ist einer der zahlreichen Versuche, gerade lntellektuelle in die Think Tanks der Bundesregierung zur Kriegsvorbereitung mit einzubinden’, sagt sie und verweist auf jüngere Äußerungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz, sich ,außen- und sicherheitspolitisch frü-
her, entschiedener und substantieller einzubringen’ und mit der ,Kultur der Zurückhaltung’ bei Militäreinsätzen Schluss zu machen. Was daraus für Bildung und Forschung folgt, erfährt man im Koalitionsvertrag von Union und SPD: ,Der Bereich Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch aus technologie- und sicherheitspolitischer Sicht von nationalem lnteresse.’ … Was aber Hoffnung macht: Die Militarisierung der Unis ist kein Selbstläufer. Vielerorts widersetzen sich Studierende und Hochschulbeschäftigte dem Trend und versuchen, ihre Alma Mater mit einer Zivilklausel zu einer friedlichen und friedenschaffenden Ausrichtung zu verpflichten …“4
Am 1. September beginnt um 17 Uhr eine antimilitaristische Demonstration auf dem Stachus.
Sie führt zum Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße 64. Hier beginnt um 18.30 Uhr die Veranstaltung „Antikriegstag 2014 – Kriegspropaganda 1914 und heute“. Die Bild-Zeitung titelt heute „Putin greift nach Europa“. Etwa dreihundert Menschen beteiligen sich an der Demonstra-
tion, unter ihnen viele Kurdinnen und Kurden.5
Seit Frühjahr 2014, der Ukraine-Krise, macht sich eine „neue Friedensbewegung“ bemerkbar. Mit Montagsdemonstrationen und „Mahnwachen für den Frieden“ will sie politisch weder rechts noch links stehen. Ihre zentrale Kritik richtet sich gegen den globalen Finanzkapitalismus und dessen machtvolle Drahtzieher, die vor allem in den USA tätig sind. Im Focus ihrer Argumentation sind auch die Mainstream-Medien, die „Herrschaftsmedien“ bzw. die „gleichgeschaltete“ Presse und deren manipulierende Rolle im „System“: In Zeiten der immer stärkeren Anhäufung bewaffneter Konflikte, die nicht nur Soldaten, sondern hauptsächlich unschuldigen Kindern, Alten und Frauen das Leben kosten, könne ein einzelner Oster(friedens)marsch pro Jahr nicht mehr ausreichen. Die Mahnwache für den Frieden in München veranstaltet am Samstag, den 13. September, einen Friedensmarsch um 13.15 Uhr vom Sendlingertor-Platz mit anschließender Kundgebung vor der Staatskanzlei in München. Motto: „Gegen eine unmoralische Beteiligung an (Rohstoff-)Kriegen unter dem heuchlerischen Deckmantel des profitabelsten Exportartikels des Westens: Demokra-
tie!“6
Am 23. September einigen sich die Organisatoren der seit März 2014 regelmäßig stattfindenden Münchner Montagsdemo für den Frieden7 nach viele Anfeindungen, hitzigen inneren Debatten und Klärungsprozessen auf eine Grundsatzerklärung.8 Am Donnerstag, 9. Oktober, findet auf dem Max-Joseph-Platz vor der Oper von 18 – 20.30 Uhr die erste Occupeace-Veranstaltung, die sich nun wöchentlich wiederholt.
Gegen Ende des Jahres richtet sich der Friedenswinter gegen Kriegspropaganda, die NATO und eine Militarisierung der Außenpolitik. Tatsächlich ist diese Bewegung, in der sich auch Verschwö-
rungserzähler und Esoteriker tummeln, nach rechts offen. Deutschnationale und Völkische finden hier ihr Publikum. Der Streit, am „Friedenswinter“ teilzunehmen, spaltet die linke Szene.
Am Freitag, 12. Dezember, sprechen in Kooperation mit Friedenswinter Reiner Braun über „Kriege und ihre Ursachen – Wie dennoch Frieden werden kann“, Pedram Shahyar über „Friedenswinter – Winter für den Frieden?“, Wolfgang ‚Wob‘ Blaschka über „Alte West-Ost-Konfrontation – neuer Kalter Krieg?“ und Andrea Behm über „Freihandelsabkommen als Gefahr für Frieden – Flucht als Folge von Krieg“. Für den Sound sorgt Breath Of Rap, Morgaine, Kilez More, Ludo Vici + Andrea Limmer sowie Sam Rasta.9
Siehe auch „Internationales“.
(zuletzt geändert am 14.2.2024)
1 Siehe Fotos vom „ostermarsch“ von Christoph Klinke sowie Fotos vom Ostermarsch von Werner Rauch unter http://www.galerie-arbeiterfotografie.de/galerie/reportage/index.html.
2 © Volker Derlath
3 Siehe www.drohnen-kampagne.de/
4 ver.di publik 4/2014, 9. Siehe www.lernenfuerdenfrieden.de, www.zivilklausel.de und www.schulfrei-für-die-bundeswehr.de.
5 Siehe www.muenchner-friedensbuendnis.de und Fotos vom „antikriegstag“ von Richy Meyer. Siehe dazu auch „Internationales“ und „mahnwache vom 8. mai“ sowie „Medien“.
6 Siehe www.youtube.com/watch?v=7c2QKgVUxas.
7 Siehe „Ukraine“ in „Internationales“.
8 Siehe www.occupeace.net.
9 Siehe www.friedenswinter.de und Bilder von der Kundgebung „friedenswinter“ am 12. Dezember von Franz Gans.