Flusslandschaft 1981

Rechtsextremismus

Am 17. Januar wählt die Dachauer NPD in einer Gastwirtschaft einen neuen Vorstand. Dann soll Dr. Posselt über die „Ursprünge der Nationaldemokratie im 19. Jahrhundert“ sprechen. Zahlreiche Anwesende beginnen lautstark die Versammlung zu stören. Daraufhin verlegt die Versammlungs-
leitung den Vortrag in ein Lokal in der nachbarschaft.

„Rechtsextremer Schlägertrupp versucht HU-Versammlung zu sprengen – Verletzte und Strafan-
zeigen wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung waren das Ergebnis gewaltsamer Störun-
gen einer Veranstaltung der Humanistischen Union München im März zum Thema ‚Rechtsextre-
mistische Organisationen und Propaganda – was lässt sich wirksam dagegen tun?’ – Nachdem in einer anschließenden Diskussion der ebenfalls anwesende Vorsitzende der sog. ‚Volkssozialisti-
schen Bewegung Deutschlands’ (VSBD), Friedhelm Busse, für Angriffe gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik heftigen Widerspruch geerntet hatte, ging eine Gruppe von rund zehn Jugend-
lichen mit Handgreiflichkeiten und Fußtritten gegen Zuhörer vor. – Trotz mehrfacher Aufforde-
rung durch die Versammlungsleitung, den Saal zu verlassen, schlugen die Störer weitgehend wahl-
los mit Fäusten und Stühlen auf Unbeteiligte ein. Sie waren nur mit erheblichen Anstrengungen aus dem Saal zu drängen, den sie mit dem ‚Deutschen Gruß’ und dem Ruf ‚Rotfront verrecke’ ver-
ließen. (Im Diskussionsteil finden Sie Näheres über die Veranstaltung: dort haben zwei Teilnehme-
rinnen den Verlauf und die daraus zu ziehenden Konsequenzen kontrovers dargestellt.)“1 – „Der OV München hatte sich mit Strafanzeigen gegen den bei der HU-Veranstaltung im März 1981 mit dem Titel: ‚Rechtsextremismus – Was lässt sich wirksam dagegen tun?’ aufgetretenen Schläger-
trupp befasst, da eine Reihe von HU-Mitgliedern als Zeugen aufgetreten waren. Die Staatsanwalt-
schaft hatte das Ermittlungsverfahren wegen mangelndem Tatverdacht bezüglich § 21 des Ver-
sammlungsgesetzes und wegen Bagatell-Delikts bezüglich § 154 StGB eingestellt. Dagegen wurde Beschwerde eingelegt. Abgetrennt von diesem Verfahren waren die Ermittlungen wegen Körper-
verletzung gegen mehrere Gefolgsleute von F. Busse. Einige Urteile sind schon ergangen; ein Be-
richt darüber erscheint in den nächsten Mitteilungen.“2

Am 8. August veranstaltet die Junge Front, der Jugendverband der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands (VSBD), in der Münchner Fußgängerzone vor dem Richard-Strauss-Brunnen eine Kundgebung. Hauptredner ist der Chef der VSBD, Friedhelm Busse. Drei Tage später, am 11. Au-
gust, raubt Busse 90.110 DM aus der Kreissparkasse Neuenstadt bei Heilbronn …

Gegendemonstranten protestieren gegen die Protestaktion der NPD gegen die Berliner Mauer am 15. August.3


4
Am 26. September spricht u.a. OB Kiesl zum ersten Jahrestag des Bombenattentats auf der Wiesn mit 13 Toten und 216 Verletzten am Haupteingang der Theresienwiese. Zuhörerinnen und Zuhörer empfinden die Rede als heuchlerisch. Auf einem Transparent wird gefordert: „Die Humanität ge-
bietet: Am 26. September 81 ist das Oktoberfest geschlossen!“ Dann findet eine Demonstration zum Marienplatz statt.5

Auf Umspannungskästen wirbt in Neuperlach im Herbst die Junge Front, mit der Parole „Vor-
wärts zur nationalen Revolution“. Offenbar müssen Behörden beweisen, dass sie jetzt „gegen Rechts“ durchgreifen. Am 20. Oktober erschießt die Polizei zwei Rechtsextremisten.6

(zuletzt geändert am 11.12.2020)


1 Mitteilungen der Humanistischen Union vom Juni 1981, 16; siehe „HU und ‚Neo’-Nazis“ von Petra-Maria Einsporn und „Die Aggression der Faschisten und der Antifaschisten“ von Ursula Schmidbauer-Schleibner.

2 Mitteilungen der Humanistischen Union vom Juni 1982, 11.

3 Vgl. Süddeutsche Zeitung 186/1981.

4 Flugblattsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung. Siehe auch „DEM NAZITERROR EINHALT GEBIETEN!“.

5 Siehe „Kommissar Tandler oder: Wie man Ermittlungen im Sand verlaufen lässt“.

6 Siehe „Die tödlichen Fehler“ von Sepp Ebelseder. Vgl. Andrea Röpke/Andreas Speit (Hg.), Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland, Berlin 2013, 53 f.