Flusslandschaft 1988

Gewerkschaften/Arbeitswelt

Allgemeines
DGB

- Augustiner
- BMW
- Bundespost
- Einzelhandel
- ESG/FEG
- Kranken- und Altenpflege
- MBB
- Siemens
- Verlage und Druckindustrie


„Leben // Man könnte mal reden / Von ganz was anderem / Könnte unter einem Baum sitzen / Mit grünen Augen / Könnte die Kunst besuchen / In der Galerie/ Könnte Zeit verschenken und / Ein gutes Wort / Wenn man nicht / Hart rangehn müsste / Um gut zu leben“ Arthur Troppmann1

Siehe auch „AusländerInnen“, „Bürgerrechte“ und „Internationales“, hier: Türkei, Irak und Kurdistan.

DGB

Sechstausend Menschen demonstrieren beim Ersten Mai unter dem Motto „Arbeit für alle. Gerechtigkeit für jeden. Gemeinsam handeln“.

AUGUSTINER

Erika Dieling ist bei Augustiner Betriebsratsvorsitzende. Die meisten größeren gastronomischen Betriebe haben keinen Betriebsrat.2

BMW

„Illegale Beschäftigung – Bußgeld für BMW-Chef – Wegen unerlaubter Beschäftigung von mehreren hundert ungarischen Arbeitern hat das Landesarbeitsamt Südbayern jetzt gegen BMW-Chef Eberhard von Kuenheim und rund 20 weitere Personalverantwortliche des weiß-
blauen Automobilkonzerns Bußgelder in beträchtlicher Höhe verhängt. Der ‚dringende Ver-
dacht’, dass BMW unter der Tarnbezeichnung ‚Werkvertrag’ sich illegal eine Reservearmee von Arbeitnehmern überlassen lässt, hatte Anfang 1988 zu einer großangelegten Durchsuchung im Werk I am Münchner Petuelring geführt. Als illegal wurden vor allem die Verträge mit der ungarischen Firma Tesco befunden, die ihre Landsleute an BMW vermittelt hatte. Mit dem Bußgeld soll diskret ein Schlußstrich unter das Ermittlungsverfahren gezogen werden. BMW
will sich vorbehalten, die mit dem Landesarbeitsamt getroffene Vereinbarung von sich aus der Öffentlichkeit mitzuteilen. Danach werden die verhängten Bußgelder widerspruchslos gezahlt – gleichzeitig ein Großteil der weiteren Ermittlungen per Einstellungsverfügung beerdigt. Hannelore Messow“3

BUNDESPOST

An der Großdemonstration in Bonn am 16. November beteiligen sich auch 1.500 Münchner Postbeamtinnen und -beamte. Sie protestieren gegen die Zerschlagung der Deutschen Bundespost.

EINZELHANDEL

„20. Oktober: Weniger Personen als von der Gewerkschaft erwartet nehmen an einer Kundgebung gegen eine Änderung des Ladenschlussgesetzes und die Einführung eines Dienstleistungsabends auf dem Marienplatz teil. Höchstens 300 bis 400 Leute versammeln sich bei nasskaltem Wetter mit Transparenten und Fackeln zu dieser Demonstration. Redner erklären, längere Ladenöff-
nungszeiten würden im Endeffekt ‚zu höheren Preisen für die Verbraucher’ führen. Der Bayerische DGB-Vorsitzende Jakob Deffner kündigt an, der DGB werde die Ladenschlusszeiten ‚mit Zähnen und Klauen verteidigen’. Am Vormittag fanden in dreißig Münchner Geschäften Betriebsversamm-
lungen zu diesem Thema statt. Aus diesem Grund öffneten zahlreiche Kaufhausfilialen ihre Tore erst gegen 10.00 Uhr.“4

ESG/FEG

Da beginnt der Streit: Kann ein Alternativer sich mit Lohnabhängigen in der Rüstungsindustrie solidarisieren, deren Arbeitsbedingungen sich verschlechtern?5

KRANKEN- und ALTENPFLEGE

„5. November: Aus Protest gegen den Pflegenotstand in den Krankenhäusern und Altenheimen gehen fast 10.000 Schwestern und Pfleger auf die Straße. Mit Transparenten und Plakaten protestieren die Pflegekräfte gegen zuwenig Arbeitskräfte in ihrem Beruf, zu geringe Bezahlung und fordern Verbesserungen für ihren Berufsstand. Allein in den städtischen Krankenhäusern Münchens fehlen mehr als 120 Pflegekräfte.“6

MBB

Daimler-Benz hält 65,5 Prozent, die Familie Dornier 30,5 Prozent der Aktien der Dornier-Werke. Die beiden Kapitaleigner streiten. Daimler-Benz ist auch bei Messerschmidt-Bölkow-Blohm eingestiegen und bekundet ein Interesse an Synergieeffekten, was naturgemäß zu einer Standortbereinigung und Arbeitsplatzverlusten wenn nicht gar zu Werkschließungen führt.7

SIEMENS

Siemens Hofmannstraße will den Jugendvertreter Schäffer im August nicht in ein festes Arbeitsverhältnis übernehmen. Jürgen Schäffer, der sich im selbst gebastelten Holzkäfig in der Münchner Innenstadt präsentiert, fragt: „Endet die Demokratie am Werkstor?“8Siemens stellt Microchips her, die Konkurrenz ist groß und so verlegt das Unternehmen seine Chip-Produktion nach Regensburg und Villach in Österreich. Die Standorte Balanstraße, Martinstraße und Perlach werden verkleinert. Der Betriebsrat kämpft um den Erhalt der Standorte. Nicht zuletzt auf sein Drängen hin entsteht eine Abteilung für Entwicklungen von Solarenergieproduktion. Aber die Auseinandersetzungen halten an.9

VERLAGE und DRUCKINDUSTRIE

Am Mittwoch, 18. Mai, legen nahezu alle Beschäftigten der technischen Bereiche vom Süddeut-
schen Verlag
, vom Münchner Zeitungsverlag und vom Druckhaus München die Arbeit nieder,
um bei einer Protestversammlung der Industriegewerkschaft Druck und Papier gegen die Steuerreform teilnehmen zu können.

(zuletzt geändert am 16.8.2020)


1 Deutsche Volkszeitung/die tat 17 vom 29. April 1988, Düsseldorf, 11.

2 Siehe „Negative Erfahrungen …“ von Erika Dieling.

3 Metall. Zeitung der Industriegewerkschaft Metall 25 — 26 vom 13. Dezember 1989, 26.

4 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 244, 1, 5.

5 Siehe „Zurück zur 40-Stunden-Woche“ von Hannelore Messow.

6 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Süddeutsche Zeitung 257, 1, 17.

7 Siehe „Dornier fliegt in die Feudalzeit“ von Hannelore Messow.

8 Siehe „Kein Platz für Jürgen“ von Hannelore Messow.

9 Siehe „‚Gehste mit, biste hin’“ von Hannelore Messow und „Kahlschlag bei Siemens“.